Freiheit statt Angst

Am Samstag, den 7. September 2013, werden viele Tausend Menschen auf den Straßen Berlins demonstrieren gehen.

Sie gehen demonstrieren, weil ihre Bürgerrechte und ihr Recht auf Privatsphäre verletzt werden. Sie wehren sich dagegen, dass E-Mails, Telefonate und wer weiß was noch alles gespeichert und mitgehört werden.

Wir sind eine Beratungsstelle für Frauen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben. Eigentlich sind unsere Themen andere: Prävention von sexualisierter Gewalt, die Betreuung der Opfer, frauenpolitische Themen, die ja leider auch immer noch im Jahr 2013 relevant sind. Warum also eine Demonstration gegen Überwachung mit unterstützen? Haben wir nichts „wichtigeres“ zu tun?

Ja und gleichzeitig nein, denn: Überwachung geht uns alle an! Jedes Telefonat, jede E-Mail wird, wie wir nun wissen, gespeichert. Das macht was mit uns. Wir können das nicht mehr ignorieren. Das ist ein Vertrauensmissbrauch in einem Ausmaß, wie wir ihn nie geahnt hätten. Und unsere Kanzlerin Frau Merkel scheint sich nicht zu sorgen und nichts zu unternehmen, um uns zu schützen. Für Betroffene sexualisierter Gewalt eine leider sehr bekannte Situation. Jemand macht etwas mit uns – gegen unseren Willen und die Menschen die uns helfen könnten, tun nichts. Es wird geleugnet, verharmlost und Tatsachen werden verdreht!

Es geht nicht darum, dass wir nichts zu verbergen haben, denn wir haben alle etwas zu verbergen. Wir haben Gardinen an den Fenstern, haben kleine oder größere Geheimnisse vor unseren Kindern, Frauen, Freundinnen, Männern, Freunden und Eltern. Wir wollen nicht, dass alle alles wissen. Es ist wichtig, gerade auch für die Betroffenen von sexualisierter Gewalt, dass sie die Hoheit über das, was sie wann wem mitteilen wollen, zurückgewinnen und behalten. Betroffene Frauen wurden von den Tätern zum Schweigen gezwungen. Mit Gewalt, mit Drohungen, mit bösen „Versprechungen“. Im Heilungsprozess öffnen sie sich endlich und legen die Scham durch Reden nach und nach ab. Das ist ein riesiger Schritt, der unglaublich viel Vertrauen braucht und dieses Vertrauen darf nicht durch Geheimdienste zerstört werden.

Deswegen sind wir im Bündnis „Freiheit statt Angst!“ Wir möchten frei sein und die Angst, die Scham und die Schuldgefühle hinter uns lassen und selbst bestimmen, wann wir wem was erzählen!

Samstag, 7. September 2013 auf dem Alexanderplatz um 13.00 Uhr in Berlin

Mehr Infos, auch Mitfahrgelegenheiten auf: freiheitstattangst.de

Trotz Allem e.V. und Gegen-Missbrauch e.V. – Umfrage zum OEG-Antrag

Das Opferentschädigungsgesetz (OEG): Verbesserungen seitens der Politik dringend notwendig!

Jährlich werden bundesweit mehr als 700.000 Menschen Opfer von Gewaltverbrechen und die Dunkelziffer von sexuellem Missbrauch liegt bei erschreckenden 300.000 Kindern/Jugendlichen pro Jahr. Wir möchten diesbezüglich zu bedenken geben, dass sich die reale Anzahl dieser Opfer statistisch nur sehr schwer erfassen lässt, da es im Vergleich zu nicht – sexualisierter Gewaltverbrechen überwiegend zu keiner Strafanzeige kommt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass diese Täter in der Mehrheit im familiären bzw. engen sozialen Umfeld des Kindes/Jugendlichen zu finden sind.

Und dass Gewalt, besonders in Form von sexuellem Missbrauch, schwerwiegende körperliche und seelische Schäden beim Opfer verursacht, ist hinreichend bekannt und auch, dass die Betroffenen zumeist dauerhaft unter diesen Folgen zu leiden haben. Wie sinnvoll also, dass es dieses Opferentschädigungsgesetz gibt, sollte man meinen. Denn erklärtes Ziel des OEG ist es, Menschen, die Opfer von Gewaltverbrechen geworden sind, zu entschädigen. Dies könnte z.B. durch die Finanzierung dringend notwendiger Therapien, oder in einigen Fällen auch einer kleinen Rente geschehen. Um diese Entschädigung zu erhalten, müssen die Betroffenen einen Antrag stellen, der bearbeitet werden und zu einem positiven Ergebnis führen muss. Doch nach einer Studie des „Weißen Rings“ stellen nur knapp 10 Prozent der Gewaltopfer mit einem Anspruch auf Leistungen durch das OEG tatsächlich einen Antrag auf Entschädigung. Noch schockierender aber ist das Ergebnis, denn es werden 43,05 Prozent aller eingehenden Anträge abgelehnt! Und speziell für die durch sexuelle Gewalt geschädigten Menschen gibt es hinsichtlich des Opferentschädigungsgesetzes bisher leider keine Studien, dieser Bereich liegt noch immer im Dunkeln.

Um das OEG und diese ernüchternden Zahlen zu erklären und speziell für die Opfer sexueller Gewalt zu ergänzen, haben Gegen-Missbrauch e.V. und Trotz Allem e.V. als erstes gemeinsames Projekt einen Fragebogen entwickelt, der sich mit dem Antrag, den Ergebnissen und den personenbezogenen Hintergründen auseinandersetzt. Denn aus unserer langjährigen Erfahrung als Opferschutzvereine wissen wir, dass fast alle Betroffenen sexuellen Missbrauchs auf die Hilfe von außen angewiesen sind, ob es nun um die Finanzierung von notwendigen Therapien geht, oder um eine kleine Rente.

Wir sprechen nun alle Betroffenen an, die Erfahrungen mit dem OEG und dessen Antrag gemacht haben und bitten Sie, sich einige Minuten Zeit zu nehmen, um den Fragebogen auszufüllen. Dieser ist auf den Homepages beider Vereine zu finden und es besteht die Möglichkeit zum Download. Bis zum 31.10.2011 kann der ausgefüllte Fragebogen an eine der beiden angegebenen Adressen gesendet werden und für die GütersloherInnen ist es möglich, sich den Bogen ausgedruckt in der Beratungsstelle des Vereins Trotz Allem zur angegebenen Bürozeit persönlich abzuholen bzw. ihn wieder abzugeben.

„Es wird dringend Zeit, das sich sowohl im Verfahren selbst, als auch in der Bearbeitungsdauer etwas ändert. Unserer Erfahrung nach dauert die Bearbeitung teilweise sogar bis zu 3 Jahre. Das ist für die Hilfesuchenden eine absolute Zumutung. Hinzu kommt, dass der Antrag häufig beim ersten Mal abgelehnt wird und erst nach Widerspruch eine Bewilligung erfährt.“, fasst Ingo Fock, 1. Vorsitzende vom Verein Gegen-Missbrauch, zusammen.

Danke für Ihre Teilnahme an der Umfrage. Wir befinden uns bei der Auswertung.

Gegen-Missbrauch e.V.
Am Menzelberg 10
37077 Göttingen

Trotz Allem e.V.
Postfach 3339
33263 Gütersloh

Beratungsstelle: Berliner Str. 194
33330 Gütersloh
Freitags 10.00 Uhr – 12.00 Uhr

Katja Schönfeld
i.A. Gegen-Missbrauch e.V. und Trotz Allem e.V.